VeLABi

Autonomes Fahren in der Binnenschifffahrt

Das Versuchs- und Leitungszentrum Autonome Binnenschiffe ist das neue Epizentrum der Forschungsaktivitäten zur Entwicklung des autonomen Fahrens in Duisburg

Herausforderungen

Die Binnenschifffahrt steht vor großen Herausforderungen: Der Wandel der Transportgüter und ein zunehmender Mangel an Fachpersonal stellen gewaltige strukturelle Probleme dar für eine Branche, die nicht über investitionsstarke Akteure verfügt. Die konkurrierenden Verkehrsträger Straße und Schiene treiben die Entwicklung zum automatisierten Fahren voran und gewinnen durch die zu erwartenden Personaleinsparungen einen Kostenvorteil gegenüber dem Binnenschiff. Um im Wettbewerb bestehen zu können, muss die Binnenschifffahrt daher einen Modernisierungsschub leisten und mit den Herausforderungen des digitalen Zeitalters mitwachsen.

Automatisierung

Assistenzsysteme und automatisierte Fahrfunktionen sind in jedem modernen Auto zu finden. Auch in der Schifffahrt sind automatische Bahnregler (Autopiloten) seit Jahrzehnten im Einsatz, und auch moderne Bahnregler und intelligente Navigationssysteme haben längst Einzug erhalten. Dennoch hängt die Binnenschifffahrt vielfach den anderen Verkehrsträgern hinterher. Das VeLABi soll nun die notwendigen Entwicklungen unterstützen, um zu anderen Verkehrsträgern aufzuschließen.

Das Binnenschiff ist ein leistungsfähiger und umweltfreundlicher Verkehrsträger. Alleine in NRW entfallen 23% des Gütertransports auf die Wasserstraße. Dabei erzeugt das Binnenschiff nur ein Drittel der Klimaemissionen verglichen mit einem LKW.

Während früher der Transport von Massengut dominierte, ist heutzutage zunehmend containerisierte Ladung in kleineren Partiegrößen gefragt. Dies erfordert eine Anpassung der Flotte hin zu einer größeren Anzahl an kleineren, flexibel einsetzbaren Schiffen. Der damit einhergehende Mehrbedarf an Bordpersonal verschärft den ohnehin bestehenden Mangel an qualifizierten Schiffsführern, der u.a. durch den demografischen Wandel entsteht.

Neben dem demografischen Wandel hängt eine Ursache des Fachkräftemangels mit der geringen Attraktivität des Berufsbilds Binnenschiffer zusammen. Dies liegt unter anderem an den Arbeitszeiten von Schiffsführern, die kaum zu den Lebensentwürfen junger Menschen passen. Mit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien kann das Berufsbild modernisiert und attraktiver gestaltet werden. Dies kann auch über die Umsetzung neuer Ansätze erfolgen: Wenn Schiffe beispielsweise ferngesteuert werden können, kann der Schiffsführer einer geregelten „Bürotätigkeit“ nachgehen und das Schiff im 3-Schicht-Betrieb von Land aus gesteuert werden.

Der Einsatz von Assistenzsystemen und Teilautomatisierung kannn bei gleicher Besatzungsstärke ermöglichen, die Fahrzeiten von Schiffen auszudehnen und damit den Personalkostenanteil zu senken. Derzeit ist die tägliche Fahrzeit von Schiffen im A-Betrieb auf 14 bzw. 18 Stunden begrenzt. Schiffe, die jetzt schon im B-Betrieb (kontinuierliche Fahrt) fahren, können hingegen mit weniger Personal auskommen und damit dem Fachkräftemangel begegnen. Schließlich können am Ende der Entwicklung die Schiffe autonom und damit unbemannt fahren. Das erlaubt es, auch sehr kleine Schiffseinheiten rentabel zu betreiben. Denkbar wären z. B. Container-Shuttle und die Einbindung vorhandener Wasserstraßen in innerstädtische Transportketten.

Vor dem oben geschilderten Hintergrund wurde eine ganzheitliche Forschungsstrategie erarbeitet, die beschreibt, wie das automatisierte Fahren von Binnenschiffen erreicht werden kann. Diese Strategie umfasst bisher insgesamt acht Forschungsvorhaben, die aufeinander aufbauen, bzw. miteinander verknüpft sind und deren technische Grundlage das hier beantragte Versuchszentrum darstellt.

Mehrstufige Entwicklung

Die Entwicklung zum ferngesteuerten, assistierten teilautomatisierten und schließlich vollautomatisierten Fahren erfolgt grundsätzlich in drei Schritten. Zuerst werden die Steuerungsalogrithmen in einer virtuellen Umgebung entwickelt und getestet. Wenn diese in der Simulation zufriedenstellend funktionieren, werden Testschiffe mit der nötigen Sensorik und Aktorik ausgerüstet und die weitere Erprobung erfolgt im realen Testfeld.

Aufbruch in die Zukunft

Mit dem „Versuchs- und Leitungszentrum Autonome Binnenschiffe“ (VeLABi) wurde die benötigte Infrastruktur geschaffen, um in Forschungsprojekten das ferngesteuerte und automatisierte Fahren von Binnenschiffen entwickeln zu können. Es ist dabei ein zentrales Element des virtuellen Testfelds und ergänzt damit komplementär das reale Testfeld Rhein-Ruhr auf dem später die realen Testfahrten mit automatisierten Schiffen erfolgen sollen.

Das VeLABi wurde gemeinsam vom Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e. V. (DST) und vom Lehrstuhl für Mechatronik der Universität Duisburg-Essen aufgebaut. Es befindet sich im Gebäude des DST, steht aber für alle Forscher, die an den entsprechenden Forschungsprojekten beteiligt sind zur Verfügung.